Die Zeiten sind eigentlich nicht geeignet für Saisonrückblicke. Außer man hat doch etwas erreicht !
Die Spielzeit in der Oberliga wirkte für unsere U 15 wie eine Fata Morgana. Mehrfach sah man einen Saisonstart am Horizont und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Letztendlich kann man sagen, es war eine „Vorbereitungszeit“, anstatt einer Spielzeit.
Aber von vorne: März 2020: Corona hat alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens fest in der Hand – rien ne va plus ! Die Saison 2019/2020 wurde abgebrochen und unsere MJC hat einen starken vierten Platz in der Oberliga Nord erreicht und damit unter Beweis gestellt, dass hochklassiger Jugendhandball auch möglich ist, wenn man nur mit eigenen Spielern antritt.
April 2020: Unsicherheit bei den Funktionären ! Alle Vereine arbeiten an Hygienekonzepten, um möglichst bald wieder in die Hallen zu können. Trainer machen Rahmentrainingspläne und werfen diese wöchentlich wieder um. Bei der HSG sieht man sich massiver Kontaktaufnahmen der Bundesligisten bei den talentierten Spielern ausgesetzt. Aufatmen – alle Jungs wollen weiter in Hungen und Lich spielen – wenn denn Oberliga gespielt wird. Definitiv nicht gespielt wird der Weser-Cup in Bremen, der bereits abschließend geplant war. Keine große Fahrt, kein Abenteuer !
Mai 2020: Die Qualifikation fällt aus – das hat der HHV beschlossen. Nach einem Punktesystem wird die Zugehörigkeit zur Oberliga per Dekret entschieden. Aufatmen bei uns – wir sind erneut dabei. Große Enttäuschung dagegen bei der Spielgemeinschaft Bieber/Heuchelheim, die als Bezirksmeister nicht antreten darf. Gut für uns, weil erste Gespräche mit den Eltern von Michel Hofmann und Ole Kneissl stattfinden, die gerne Oberliga spielen möchten – aber nicht bei den Bundesligisten.
Juni 2020: Lockerungen in der Pandemie. Die Trainer nutzen die Gelegenheit, das, was möglich ist, unter freiem Himmel zu organisieren. Das bedeutet für jeweils eine Handvoll Jungs Intervallläufe. Es dauert nicht lange, bis deren Wirkung deutlich eintritt.
Juli 2020: Wir dürfen wieder in die Halle. Michel und Ole gefällt es gut bei uns und wir sind stolz, dass sie unser Team verstärken. Der Trainingsumfang ist hoch. Manchmal treffen wir uns fünfmal in der Woche. Oft werden sonntags drei bis vier Stunden trainiert. Wir bekommen noch einmal Zuwachs – diesmal im Betreuer Team ! Die Mutter von Tim outet sich als ausgebildete Reha-Trainerin. Das muss sie unseren Trainern Maik und Ingo nicht zweimal sagen. Eine Verhaftung in das Team war nicht vermeidbar !
August 2020: Wir wissen nicht, ob/wann die Saison startet. Jedenfalls werden wir alle einem Functional Movement Screening unterzogen. Denjenigen mit Defiziten, also allen, werden Extraaufgaben gestellt, um ihre Physis bis zum nächsten Test zu verbessern. Daneben sind alle – mit Unterstützung mancher Eltern – dabei, die hohe Anzahl an Intervallläufen abzuspulen. Wir sind damit noch nicht fertig, da haben die Trainer schon die nächsten Testpanels in den Taschen: Wurfkraft, Seilspringen, Jump & Reach, Bodenturnen usw. machen wir natürlich mit. Allerdings sind wir heiß darauf, endlich wieder gegen andere Teams anzutreten.
Das passiert dann auch tatsächlich und eine BOL-Mannschaft aus Seligenstadt tritt (ohne Vorbereitung) bei uns an. Wir werfen 48 Tore in 50 Minuten und wissen nun, dass Qualität offenbar (so sagen es zumindest die Trainer immer) auch von „sich Quälen“ kommt.
Weitere Spiele folgen: in Nidderau werfen wir 56 Tore gegen ein BOL-Team und dürfen trotzdem noch ein zweites Spiel dort absolvieren, das nicht ganz so deutlich ausgeht. Wir spielen auch gegen unsere WJC. Es tut gut, endlich wieder richtig Handball zu spielen. In Holzheim lernen wir nun auch Verlieren und werden geerdet. Endlich kommt es auch zum Spiel gegen die Jungs aus Bieber. Darauf waren alle sehr gespannt. Wir spielen eine ganz schwache erste Halbzeit und werden zurecht in der Kabine von den Trainern gefaltet. Das muss besser werden, lautet die Devise in der Kabine, wir müssen auch Abwehr spielen ! Ihr wisst genau, wozu ihr in der Lage seid ! So, oder so ähnlich lief die Ansprache ab … Eine neue Qualität zeigen wir dann in Durchgang zwei und drehen das Spiel mit acht Treffern in Folge zu einem am Ende deutlichen Sieg. Wir bekommen bestätigt, dass unser Teamgeist außergewöhnlich ist.
September 2020: Die Zeichen stehen auf Saisonstart. Und wir bereiten uns wie die Profis in der Landesportschule in Bad Blankenburg in Thüringen vor. Endlich erleben wir unser „Abenteuer“. Neben viel Training und viel Spaß im Team in der freien Zeit dürfen wir einen Rekord vermelden und um 8:00 Uhr am Morgen ein Testspiel bestreiten, das wir hoch gewinnen können. Eines der Highlights war allerdings das Testspiel des HSV-Bad Blankenburg gegen den Dessau-Roßlauer HV 06. Besonders beeindruckend für alle Jungs, Jörn Persson vom Dessau-Roßlauer HV. Für die Trainer ergab sich abends die Möglichkeit zu einem Gespräch mit ihm. Er sicherte zu, am nächsten Morgen einmal beim Training hereinzugucken. Klasse !
Die Spannung wächst trotzdem, denn auf der Rückreise steht noch ein Test beim Bundesliganachwuchs in Eisenach an. Die Jungs dort sind amtierender Thüringen-Meister und trainieren täglich ! Dass wir auch noch in der Bundesligahalle spielen dürfen, ist ein echtes Erlebnis. DAS Team hat schwere Beine aber unbändigen Willen. Als nach Abpfiff ein Sieg mit 36:15 auf der Anzeigetafel steht, sind wir stolz (unsere Trainer sicher auch).
Zuhause sind wir nun auch stark genug, gegen die Jungs aus Holzheim Revanche zu nehmen – wir gewinnen das Heimspiel knapp. Wir verlieren unser zweites Spiel: diesmal allerdings gegen die Oberliga-B-Jugend aus Kirchhain (knapp und damit ehrenvoll). Der Rundenstart wird abgesagt, der aufgebaute Spannungsbogen fällt in‘s Bodenlose.
Oktober 2020: Ende Oktober ist die nächste Fata Morgana eines Saisonauftaktes. Wir freuen uns auf die SG Bruchköbel als ersten Rundengegner. Das Handballcamp in den Ferien findet statt. Wir trainieren jeden Tag und bekommen mit Kevin Dannwolf und Carsten Schäfer Gasttrainer aus dem Männerhandball – das war Klasse.
Optimale Vorbereitung – das haben die Trainer immer wieder improvisiert. So treten wir bei der HSG Preagberg an, die Vizemeister des Bezirks OHG waren und ihrerseits die SG Bruchköbel deutlich geschlagen haben. Wir haben vier Stunden Training in den Knochen. DAS Team jedoch gibt auch in Hanau alles und gewinnt hoch. Der Saisonstart darf kommen. Letztendlich kommt er nicht. Der HHV stellt den Spiel- und Trainingsbetrieb bis zum Jahresende ein.
Januar 2021: Keiner rechnet mehr mit Handball in dieser Saison. Keiner ? Doch – unsere Trainer überlassen nichts dem Zufall. So wird eine Laufchallenge veranstaltet. Zwei Teams laufen (virtuell) bis nach Prag innerhalb von drei Wochen. DAS Team gespalten in zwei DAS Teams – gibt auch hier alles, liefert sich (zumindest am Anfang) ein knappes Duell und ist zur Verwunderung der Trainer und Eltern in zwei Wochen fertig – das war echt stark. Das Online-Training startet nun auch. zweimal pro Woche trainieren wir daheim unter Anleitung von Christina und Ingo.
Februar/März 2021: Hoffnung auf eine Saison hat keiner mehr. Aber der Verein veranstaltet einen Lauf rund um die Welt. Es geht darum, als Verein ein Ziel zu erreichen. Das wird auch bravourös geschafft. Trotzdem schielen wir auf die Leistungen der anderen Mannschaften und stellen fest, dass DAS Team am Ende viel mehr gelaufen ist als alle anderen Teams der HSG.
Wir haben nun eine ganze Saison ohne Meisterschaftsspiel hinter uns. Langweilig wurde uns nicht und fast immer konnten wir bei allen sportlichen Betätigungen sagen: Wo wir sind, ist vorne !
Deswegen nehmen wir viel Gutes aus der Fata Morgana-Saison mit. DAS Team ist ein starker und unzertrennlicher Haufen geworden und wir haben (so sagen sie das wenigstens) unsere Trainer mit Stolz erfüllt.
„DAS Team hat Potenzial ! Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, mit ihm zu trainieren. Wir sind der Meinung, wir hätten um die oberen Plätze mitspielen können, ohne Frage ! DAS Team hat alles was es braucht, Ehrgeiz, Teamgeist, Wille und natürlich auch den nötigen Spaß, den es neben den anderen Dingen natürlich auch braucht, um erfolgreich zu sein und um die gesteckten Ziele erreichen zu können !“ Da ist sich der Mannschaftsrat um Justus und Leon einig !
Tja, das war es nun mit der „Spielzeit“ 2020/2021. Schluss, aus, Ende. Was wir daraus lernen ? Das Leben geht weiter. Auch ohne Handball, schwer vorstellbar, aber wahr ! Dem gibt es wohl nichts mehr hinzuzufügen.